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Zur Geschichte der Pension und der Firma REKOVERM

Alle 14 Tage, freitags, trafen sich in einer kleinen Kneipe, irgendwo in Sachsen, drei Freunde, um bei dem einen oder anderen Bier berufliche und alltägliche Probleme zu „bequatschen“.
Das muss wohl so im Jahre 1991 gewesen sein. Eines Tages war man dabei, Pläne für den nächsten gemeinsamen Urlaub zu schmieden. Nachdem man sich darüber einig war, dass jedes Jahr „Ostsee“ auch nicht so das „Wahre“ sei, suchte man nach entsprechenden Alternativen.
Mehr zufällig sprach einer an, dass man nach Rumänien fahren könnte, was jedoch schnell wieder verworfen wurde, unter anderem da andere, ebenfalls in der Kneipe anwesende, Gäste meinten, dass in Rumänien Krieg herrsche.
Also doch wieder Ostsee???
Wochenlang ließ mich der Gedanke an Rumänien nicht los, einerseits da ich bereits zwei Sommer an der Ostsee beruflich in der Gastronomie tätig war, andererseits weil derjenige, welcher „Rumänien“ als Urlaubsziel vorschlug, mir gegenüber äußerte, dass es mir persönlich garantiert entsprechen würde (was das heißen sollte, stellte sich später heraus).

In einem späteren Gespräch wurde dann beschlossen, ob Krieg oder Nicht – Krieg, nach Rumänien zu fahren, natürlich wie immer – aufs „Geradewohl“. Schnell noch ein kostenloses Kartenpaket vom ADAC geholt, Schlafsack, Zelt, Axt, Benzinkanister, zwei Kochtöpfe, Zahnbürste, Badehose, und dann ab…

So kamen wir dann im Sommer 1992 an der rumänischen Grenze an, alle gut gemeinten Ratschläge von wegen „macht doch Urlaub am Balaton…“, usw. in den Wind schlagend,
da wir genügend arbeitslose Ostdeutsche in Ostdeutschland sahen, ersparten wir uns deren Gegenwart wenigstens im Urlaub, außerdem hatte „Balaton“ nicht so den Klang des Abenteuers, Unbekanntem, sondern mehr so wie „Ost Mallorca„, also Saufen und dumme Sprüche 24 Stunden am Tag, und wer dies durchhält, ist der „Chef“…
(Oder so ähnlich jedenfalls. Kann ich nicht genau beurteilen, ich war noch nicht da).

Es mag wohl für damalige, rumänische Verhältnisse an der Grenze nicht allzu lange gedauert haben, fünf oder sechs Stunden und wir waren „drin“. Da einer von uns bereits seit seiner frühesten Kindheit über Rumänien – Erfahrungen verfügte (sein Vater hat in Cluj – Napoca/Klausenburg seinerzeit Medizin studiert und war später als guter Kinderarzt in Deutschland bekannt) meinte er, es sei besser, wenn er in Rumänien fahren würde.
So geschehen. Die ca. 10 km bis Oradea gingen insoweit gut, in der Stadt jedoch war um uns herum heftiges Reifenquietschen vernehmbar. Ich hatte damals den Verdacht, dass für den Verkehr in Rumänien seine „Erfahrungen“ bei weitem nicht ausreichten…
Dann gab es noch den einen oder anderen Vorfall auf der Landstraße E60, es war dunkel. Die von uns damals so getauften, so genannten Heuhaufen, was eigentlich mit Heu beladene Pferdefuhrwerke waren, sind auch heute noch schlecht auszumachen, auch wenn einer oben drauf sitzt und versucht, mit einem offenbar nicht funktionierendem Feuerzeug, den Nachfolgeverkehr zu warnen. (Keine Angst – es hat sich in dieser Hinsicht vieles geändert).

Nachdem wir feststellten, dass wir in dieser Nacht wahrscheinlich nicht mehr lernen würden, wie man ohne jegliche Orientierungshilfe, also Fahrbahnmarkierungen etc., die für diesen Tag geplante Strecke zurückzulegen, fuhren wir von der E60 ab, auf eine Wiese, bauten das Zelt im Scheinwerferlicht auf und schliefen zum ersten Mal in Rumänien.
Am nächsten Morgen waren wir umringt von Kuhhirten, Pferdehirten, Gänsehirten usw., mir wurde sofort klar, dass mein Freund damals in der Kneipe nicht zuviel versprochen hatte, als er meinte, es würde mir gefallen.
Durch den mangelnden Schlaf während der Fahrt von Deutschland nach Rumänien, die lange Wartezeit an der Grenze sowie entsprechende Adrenalinstöße durch den Verkehr in Rumänien waren wir reichlich gestresst. Im Gegensatz dazu der nächste Morgen. Die Hirten von denen wir uns umringt sahen, sowie die Gegend, die Landschaft; alles strahlte unendlich viel Ruhe und Frieden aus. Wir hatten den Eindruck, in einer „anderen Welt“ angekommen zu sein. Das mussten wir auch feststellen, als wir an der Tankstelle nach Benzin anstanden. Acht Stunden Wartezeit, zum Glück hatten wir einen Dreißig Liter fassenden Kanister dabei, so dass wir auf der gesamten Reise einige Stunden Wartezeit gespart hatten.
Irgendwann kamen wir, geleitet durch das ADAC – Kartenpaket, auch in Sighisoara/Schässburg an, nachdem wir Rumänien auf und ab gefahren waren
(ein Liter Benzin kostete damals ca. 0,20 €). Dort gefiel es uns besonders gut, die Burg, das Flair der Stadt, die Leute, einfach alles. Wir mieteten ein kleines, muffig riechendes Haus, mit eigentlich unzumutbarer Ausstattung, was uns aber nicht so übermäßig störte, da wir uns damit trösteten, in einer „anderen Welt“ angekommen zu sein.
So nach und nach lernten wir die Leute in der Stadt kennen, erhielten Einblick in die Machenschaften der „Straßenkinder“ und mussten feststellen, dass auch wir nicht davor verschont blieben, von ihnen bestohlen worden zu sein…
Auf der Fahrt nach Bukarest - wir wollten da einen Bekannten besuchen, der unseren „Rumänien – Erfahrenen“ seit ca. 15 Jahren kannte, gab es ein Problem mit dem Auto. Der Anlasser funktionierte nicht mehr, so dass wir das Fahrzeug anschieben mussten, natürlich nachts in der Dunkelheit. Beim Zurückschieben mit offener Fahrertür erlitt diese eine Kollision mit einem aus der Erde ragenden Stahlrohr – das Ergebnis war ein Knick in der nicht mehr ordnungsgemäß schleißenden Tür. Kreativ (wie immer) behalfen wir uns mit einem sogenannten Kälberstrick. Am Stadtrand von Bukarest wurden wir von zwei, mit Motorrädern ausgestatteten, Polizisten gestoppt. Sie fragten nach dem Dokument, welches nachweisen könnte, dass der „Unfallschaden“ an unserer Fahrertür durch die Polizei aufgenommen wurde. Etwas Derartiges hatten wir natürlich nicht. Also zogen sie ihren Strafzettelblock raus, es handelte sich um eine Geldstrafe in Höhe von ca. 5,- €, und ich schwöre – ich hab noch nie in meinem Leben so viele Strafzettel gesehen... Sie machten sich noch die Mühe, jeden Strafzettel einzeln zu unterschreiben. Nachdem sie uns fragten, wohin wir eigentlich zu reisen gedenken, zog unser „Rumänien – Erfahrener“ die Adresse seines Freundes aus der Tasche. Das stimmte die Polizisten etwas netter, was uns dann auch Gelegenheit bot, ihnen zu erklären, dass es sich bei dem Knick in der Fahrertür nicht um einen Unfall mit einem anderen Fahrzeug handelte sondern um unser Eigenverschulden. So hörten sie sich unsere Schilderung in Brocken deutschen, englischen und französischem Sprachgewirrs mehr oder minder kopfschüttelnd an, lachten dann, steckten ihre (vorsichtig geschätzt - ca. 8673294 Milliarden) Strafzettel wieder ein und eskortierten uns direkt bis zum Haus des Freundes (der übrigens als pensionierter Flugzeugbauingenieur heutzutage in der Nähe der Kreisstadt BN lebt) unseres „Rumänien – Erfahrenen“.

Die Reparatur der Tür übernahm dann auch sofort der Bekannte. Da wurde im Hof unheimlich gehämmert und ausgebeult, die defekte Scheibe wurde durch Plexiglas ersetzt, während wir um die Erfahrung reicher wurden, dass man Kartoffelpüree, Reis und Pommes Frites auch mit Brot essen kann (ohne Soße, ohne alles, da wir ihnen nicht das wenige „wegessen“ wollten) ...

Der Gesamteindruck unserer ersten Rumänienreise war überwältigend. Von da ab war „Ostsee“ als Urlaubsziel endgültig gestorben. Die folgenden Jahre verbrachten wir jeden Sommerurlaub in Rumänien am Meer oder nur in Sighisoara und in den Bergen, ab 1994 auch Weihnachten/Jahreswechsel und wann auch immer es zeitlich und beruflich möglich war.

Während all der Jahre ließ mich nie der Gedanke nicht los, dass man in Rumänien etwas tun müsse, Arbeitsplätze schaffen, die Leute unterstützen, bilden, Hilfe zur Selbsthilfe, aber wie (bin ja auch nicht der geborene Millionär) ?
Gleichermaßen stellte sich die Frage, ob man sich nicht irgendwann in diesem wunderschönen Land niederlassen könnte, vielleicht den Lebensabend da verbringen ?
Oder doch nur ein kleines Häuschen für den jährlichen Urlaub ? Wir fanden es irgendwann nicht mehr so angenehm, uns ständig bei irgendwelchen Familien einmieten zu müssen. Zum einen stört man die Familien auf Dauer, denn diese schränken sich sehr ein, um den Gästen genügend Platz bieten zu können, zum anderen hatten wir von Zeit zu Zeit das Bedürfnis, eine zumutbare Dusche zu genießen, also „Dusche“ als Inbegriff sämtlicher hygienischer Zustände…

Ende 2001 fand sich dann eine Mitinvestorin, welche bereit war, ein kleines Haus zu kaufen, was jedoch für Ausländer zu dieser Zeit nicht möglich war, außer wenn man als ausländischer Investor eine Firma gründet.Wir fanden dann auch einen älteren Herrn, welcher sein Haus unbedingt veräußern wollte, um zu seinem Sohn nach Dej ziehen zu können. Wir tauften ihn „Moschule“ (weshalb unter uns das Haus auch als „Moschhaus“ bezeichnet wird). Hin und wieder kommt er noch zu Besuch nach Sighisoara; gelegentlich fahren wir auch bei ihm vorbei... Wir gründeten dann die Firma Rekoverm, eigentlich nur um das Haus kaufen zu dürfen. Nach vielen Problemen mit mehreren kriminellen, angeblichen Vermittlern und „Helfern“, auch mit einem kriminellen Rechtsanwalt, gelang uns dann doch das fast Unerreichbare.
So entstand die Firma SC. REKOVERM S.R.L. (Societate Comerciale, „REKO“ steht für Rekonstruktion, „VERM“ für Vermietung, also Rekonstruktion und Vermietung, S.R.L. will ich der Einfachheit mit der deutschen Gesellschaftsform einer GmbH gleichsetzen).

Stand (Bilanz) Januar 2009

Natürlich muß die Fassade noch verkleidet werden, da der unschöne, blaue Anstrich damals eine Notlösung war - manche Nachbarn verbreiteten, dass wir das Haus zum Bordell ausbauen würden, weshalb wir dann einen “kalten“ blauen Farbton wählten, um die “Gerüchteküche” nicht noch mehr anzuheizen...

Vorrangig schienen uns die “inneren Werte” des Hauses.

Im Laufe der Zeit haben uns jedoch unsere Nachbarn “schätzen” gelernt, grüßen uns auch seit Jahren und kommen mehr oder minder regelmäßig, um Werkzeug zu leihen, inklusive baufachlicher Beratung.

.Irgendwie verständlich - sie konnten sich das “damals” in Zeiten der Abwanderung der Siebenbürger Sachsen nicht vorstellen, dass “relativ gesunde Deutsche” in Rumänien investieren wollen.

Natürlich war es auch nicht einfach. Baumaterial kam aus der Türkei oder aus Deutschland und wurde zu einem Mehrfachen des reellen Wertes verkauft, obwohl die Qualität meist zu wünschen übrig ließ.

Bei unseren Importen wurden wir meist zwei Mal “abgezockt”; erst an der Grenze und dann im Binnenzollamt.

Eine weitere, sehr große Herausforderung stellten die rumänischen Bauarbeiter nebst “Bauleiter” dar. Hierbei erlangte der Spruch: “wer billig baut - baut mehrmals” eine völlig neue und realistischere Bedeutung. Selbst Lohnerhöhungen hatten lediglich den Effekt, dass die Arbeiter einen oder zwei Tage weniger pro Woche zur Arbeit erschienen, da sie in weniger Zeit den gleichen Lohn erzielten...

Viele Nacharbeiten waren nötig, wozu sich dann glücklicherweise auch deutsche Handwerker aus unserem Freundes- und Bekanntenkreises bereit erklärten.

 

An dieser Stelle läßt es sich nicht vermeiden, dass wir uns bedanken möchten, bei all unseren rumänischen “richtigen” Freunden und Mitarbeitern, welche uns nicht belogen oder betrogen haben, unseren deutschen “Leidensgenossen” und all unseren bisherigen Stamm- oder Gelegenheitsgästen (welche sich teilweise “unter Tränen“ verabschiedeten...).

Besonderer Dank gilt unserer “guten Seele des Hauses” Anisoara, welche durch entsprechendes Engagement die Fäden in der Hand hält, egal, ob Frühstück, Organisation oder Sauberkeit, immer zur Pension Sighisoara stand und vor Ort unsere Gäste entsprechend betreute.

Des Weiteren herzlichen Dank an Nelutu Gheaja aus Seleus nebst Familie, Familie Bichis aus Danes (inklusive Dorin und Cosmin), Ovidiu aus Bukarest und natürlich unserem Grighore Serghiescu sowie einem unserer besten Freunde, Meinhard Benn, welcher nicht nur unsere Webseite betreut, sondern egal wo auf der Welt er sich grad befindet, gewünschte Änderungen realisiert.